Leerzeichen

von Simon Libsig

Eigentlich wollte ich nur mal kurz anrufen, wollte nachfragen, wie's so geht und so, wollte ihre Stimme hören, und plaudernd jene Zeit zerstören, die ungenutzt und ausgehöhlt durch die Ritzen meiner stumpfgekauten Sinne ölt, und mir das Augenlicht beschmutzt mit trüber Suppe. Ein Anruf also, ohne stummgemachten Plan, spontan geboren, ein Versuch, mir meine Warterei zu einem mundgerechten Frass zu schmoren, der besser schmeckt als totes Fleisch, das ewig schon, in seinem Saft gegoren, faulend sich zum Himmel streckt.
Doch sie nahm nicht ab.
Ich liess es immer wieder klingeln, erst im Abstand zweier Stunden, dann auch in kürzeren Ewigkeiten, erst nahm ich's cool, fand die Zeit noch, meinen Kühlschrank zu erkunden, und wie bekloppt TV zu glotzen, bis allmählich mir mein Stuhl dann doch zu unbequem erschien und ich nervös begann, den ersten Seelenstaub zu kotzen: Wo war sie? Und mit wem? Würde sie mich nicht zurückrufen, wenn sie mich nicht schon längst vergessen hätte? Ich wette, da ist ein anderer im Spiel, irgend so ne schmierig abgewetzte Klette mit dem Ziel, sich bei ihr einzugraben, deren Blumenaugen mir im Dunkeln immer Sonne gaben, und deren Haare meine Träume flochten.
Ich sprach ihr Nachrichten aufs Band, versuchte krampfhaft so entspannt wie möglich meinen Wunsch ihr auszurichten, dass sie doch bitte, bitte zurückrufen möchte, wenn sie's schafft, es einzurichten. Sie schaffte es nicht - und den Schluss könnt ihr euch selber dichten.

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