Bergdorf

von Franziska Müller

Das Bergdorf verlassen
Braune Kruste aus Stein im grauen Graben des Tals
Schaust mich an. Ich bin aus dir.
Er fragt mich, woher ich
komme und ich sage ich bin aus dir. Ich bin von dir.
Und ich nenne den Namen, deinen Namen Bergdorf, den sie
Alle kennen, deinen Namen Bergdorf, sie alle kennen ihn, die sie
Sich auskennen in Geographie und
Wintersport und das tun sie
Doch alle nur ich nicht.
Doch ich kenne dich.
Bergdorf.
Braune Kruste im grauen Graben des Tals.
Und du schaust mich
Fragend an, mit deinen großen
Braunen Chaletaugen, hölzern, und du
Verstehst mich nicht, wie du mich nie verstanden
hast, nie verstehen wolltest. Du hast eine Wand
Vor dem Kopf, Bergdorf, die nimmt dir die Sicht.
Du könntest sehen, Bergdorf, weit könntest du sehen,
Bergdorf, bis ans Meer könntest du sehen, Bergdorf, doch da ist die Wand,
und sie steht vor dir, sie trennt euch, Bergdorf, dich und das
Meer. Dich und das Leben. Dich und das Verständnis.
Und das ist dein Problem Bergdorf. Du verstehst nicht.
Aber ich kenne dich, ich kenne deine Chaletaugen und die
Grünen Wangenmatten und die grauen Wegadern und
Deine Zähne, die Zäune, die dich zersägen, Bergdorf, und du
Kannst nicht fliehen, Bergdorf, denn da ist die Wand.
Dicke Wand aus Geröll.
Die dich umgibt,
Bergdorf.
Braune Kruste im grauen Graben des Tals.
Das dich nicht verschlucken wird.
Und sie benutzten dich, Bergdorf, sie verstümmeln dich,
Bergdorf, du hast ein Geschwür, das wächst aus dir, wächst auf dir,
breitet sich aus, überzieht dich mit braunen Ferienhauspusteln,
Gondelmasten sprießen
Aus deinen moorenen Poren
Und du weißt dir nicht zu helfen.
Fragend schaust du sie an
Und du verstehst nicht. Verstehst nicht, was
Sie dir antun, sie saugen dich aus, Bergdorf, sie verstümmeln dich,
sie sprengen dir, alle Besonderheiten weg, jede Ecke,
die dich auszeichnet wird ausgemerzt, Bergdorf.
Aber ich bin von dir, Bergdorf, ich bin aus dir.
Bergdorf.
Braune Kruste im grauen Graben des Tals.
Ich bin aus dir.
Ich bin aus dir ausgerissen.




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