Langeweile im Freibad

von Gabriel Vetter

Es war an einem Freitag, ich war allein im Freibad,
Da überkam mich, einfach so, die Langeweile.

Ich mein es war ja doch recht schön, die braunen Bäuche anzusehn,
Nen Teller Pommes in der linken und Konsaliks fettsten Schinken
In der rechten Hand, und doch verstand ich nicht so recht den Grund
Für meine lange Langeweile.

Es war nicht schlecht, das Fleisch, das da so chillte,
in Bikinis, unter Bäumen,
und im Sonnenlicht sich grillte,
Doch diesmal liess mich all dies kalt,
Auch ein lasziv gesprochenes BIS BALD
Von seiten einer schönen, lang-gebeinten Weibsgestalt
Vermochte in mir nichts zu regen. Nichts!

Und, fragt Gott selbst, er war zugegen, nichts geschah,
Und nebenher gesagt: Ich war verwundert.
Denn schon hundert, wenn nicht tausendmal
Da peinigte mich jene Qual,
Die Qual per se,
Die lange Langeweile
Doch da an diesem einen Tag, als ich auf meinem Rücken lag,
Im Freibad! (Und dies, oh Frauen, lasst Euch sagen:
Männer, die es wirklich wagen
Angesichts solch sagenhafter Aussicht sich gen' oben hinzulegen,
Sind sehr mutig und verwegen, denn wie gesagt:
S' könnt sich was regen...

Doch dieses Mal war alles anders.
Ich seufzte tief und rief: ”Ich kann das schlichtweg nicht begreifen!
Warum hab ich keinen... Bock auf Sommer, Sonne, Erdbeereis,
Auf Frisbee im Bekanntenkreis,
Darauf, ins frische Nass zu tauchen,
Und den Knöchel zu verstauchen,
Und all die dummen Sachen machen, über die wir später lachen
Könnten und plagiern: Ja oh ja! Wir hamm gelebt,
Natur erfahrn, nichts angestrebt, als bloss die reine
Pure Lust zum wahren, unverfälschten Sein.
Doch Lebenslust wollt mich nicht finden,
Jener Freitag schien zu schwinden
Ohne jeden Lustgewinn.
So legte ich mein Buch beiseite,
stand auf, ging her und hin und feilte
An neuen Plänen, um diesen Tag nicht gänzlich zu vergähnen.

”Bist schliesslich auch nur einmal jung,
so raff Dich auf, Du, sei nicht dumm!”
Vergebens wollt' ich's Glück beschwören,
Mit Floskeln, Sprüchen mich betören...
”Seize the day”, hört ich mich flüstern.
Ein Schnauben zog durch meine Nüstern:

Ja, wie wenn dies so einfach wär!
Denn mit dem Glück, da ists weit her!
Als ob es auf der Wiese läge,
Und Stück für Stück versoff ich träge
In meiner langen Langeweile.

Ich war voll Hass und voller Neid
Auf jene, die im Sommerkleid und blass
Die kleenen Seelen baumeln liessen.
Es sollte mich nur mehr verdriessen.

Herrgott, auch meine Seele wollte baumeln!
Am liebsten von nem grünen Zweig.
Und plötzlich dieser Fingerzeig:
Na wart, ich zeig ihn Dir, den Sinnestaumel,
Also Freundchen, sei bereit!

So stand ich auf und sah die Lösung:
Das Ende meiner tristen Zeit,
dachte vielleicht, es endet böse, und wenn schon,
wurde fröhlich-frisch,
und trottete davon, zum grossen, grauen, Ping-Pong-Tisch.

Nun ging es schnell, ich nahm den Ball, den kleinen Weissen,
Die Sonne grell an diesem heissen Freitagnachmittag,
und haut' das Ding per Schmetterschlag, hinunter, auf den Ping-Pong-Tisch.

Ich wurde munter, wurde frisch.
Ein Gefühl in mir, so schön und stark: Nur wegen einem Schmetterschlag!
Das also war es, was mich quälte: Es war das Schmettern, das mir fehlte!

Heut mach ich keinen Hehl daraus, ich glaub dass ich dem Goethes Faust gar Konkurrenz gemacht: Mit diesem einen Schmetterschlach, den Glücksmoment, den einzig wahren, spüren durfte und erfahren, was es heisst, wenn sich was regt...

Und blickt jetzt nicht so deppert drein:
Doch auch das Glück
Kann niederschmetternd sein.




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